Die Postgeschichte Eritreas – eine politisch und philatelistisch spannende Entwicklung

by Adrian Schaub
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Artikel von Dr. Hans-Ulrich Stauffer, SPhV Basel

1. Ein kurzer geschichtlicher Überblick

Das Postwesen Eritreas lässt sich in verschiedene Perioden einteilen. Dabei ist zu beachten, dass Eritrea als staatliches Gebilde erst durch die italienische Besitznahme im 19. Jahrhundert territorial geschaffen wurde. Erst mit der Bildung der Kolonie Eritrea zu Beginn der 20. Jahrhunderts kann somit von einem zusammenhängenden, unter einheitlicher Herrschaft stehenden Gebiet ausgegangen werden, in welchem auch das Postwesen organisiert war.

Den Beginn einer postalischen Tätigkeit stellt das ägyptische Postamt in Massawa dar. Die Hafenstadt am Roten Meer gehörte während Jahrhunderten zum osmanischen Reich und stellte einen bedeutenden Handelsort dar. Nach dem Ende der osmanischen Herrschaft im 19. Jahrhundert fielen verschiedene Hafenstädte am Roten Meer unter die Herrschaft der ägyptischen Khediven. Von 1869 bis 1885 bestand in Massawa ein ägyptisches Postamt.

1870 erwarb die italienische Reederei Rubattino ein Gebiet in der Bucht von Assab. Diese erste Niederlassung wurde später vom Königreich Italien übernommen. Nach Assab übernahm Italien 1885 auch die Herrschaft über Massawa und beendete damit die ägyptische Präsenz in Eritrea. In Assab bestand ab 1883 ein italienisches Postamt, ab 1885 ein zweites in Massawa. Mit der Eroberung des eritreischen Hochlandes und der südwestlichen Tiefebene und der Ansiedlung italienischer Kolonialisten erfolgte die territoriale Ausgestaltung der Kolonie. In diesem Territorium enstand in der Folge ein ausgebautes Postwesen.

Doch Italien gab sich mit dem Besitz der Kolonie Eritrea nicht zufrieden. Vielmehr führte es zwei Eroberungskriege gegen das Kaiserreich Abessinien. Ein erster scheiterte 1896 mit der Niederlage in Adua. Im zweiten Eroberungskrieg von 1935 besetzte Italien Abessinien. Fortan wurde das Gebiet der italienischen Kolonien Eritrea und Somalia und das eroberte Abessinien als «Italienisch Ostafrika» bezeichnet. Die italienische Kolonialzeit und die Eroberung Abessiniens stellen weitere Periode der Postgeschichte dar.

Mit der Niederlage Italiens im Ostafrika-Feldzug kam Eritrea 1941 unter britische Verwaltung. Bis 1952 stand die Postverwaltung anfänglich unter den «Middle East Forces», dann unter der «British Military Administration Eritrea» und schliesslich unter der «British Administration Eritrea». Die Jahre unter britischer Verwaltung stellen mit ihren drei Abschnitten eine weitere Periode in der eritreischen Postgeschichte dar.

Mit der von der UNO 1952 beschlossenen Zwangsföderation Eritreas mit Äthiopien endete vorerst die eigenständige Postgeschichte Eritreas. Die eritreische Postverwaltung wurde Bestandteil der äthiopischen Post. Diese blieb so bis zum Ende des 1961 begonnenen Befreiungskampfes. In den von der Eritreischen Volksbefreiungsfront EPLF kontrollierten befreiten Gebieten des Landes wurde ein eigenes Postwesen aufgebaut. Mit der Niederlage Äthiopiens im Befreiungskampf und dem Abzug der äthiopischen Truppen übernahm 1991 die Volksbefreiungsfront die Verwaltung des Landes. Bis zur Abhaltung des Referendums über die Unabhängigkeit, das 1993 stattfand, bestand in Eritrea eine Inlandpost. Ein Postverkehr mit dem Ausland war nicht möglich, da Eritrea noch nicht Mitglied des Weltpostvereins war. Erst mit der Unabhängigkeit und der Aufnahme in die UNO und den Weltpostverein endete die postalische Isolation des Landes. Das Postwesen der EPLF, die Inlandpost von 1991 bis 1993 und die Zeit nach der internationalen Anerkennung ab 1993 stellen drei weitere spannende Abschnitte des Postwesend im modernen Eritrea dar.

Diese Etappen in der Geschichte des Postwesens in Eritrea werden nachfolgende anhand von einigen Belegen nachgezeichnet. Für eine vertiefte Darstellung wird auf die Broschüre «Postgeschichte und Philatelie in Eritrea» vom gleichen Verfasser verweisen (siehe Hinweis am Ende des Artikels).

2. Das ägyptische Postamt in Massawa

Das Bestehen eines organisierten Postverkehrs kann ab Ende 1869 nachgewiesen werden. In der ehemals osmanischen Hafenstadt Massawa bestand von 1869 bis Oktober 1885 ein Postamt der ägyptischen Post. Dieses war auch nach der Übernahme Massawas durch italienische Truppen im Februar 1885 und nach der Eröffnung des italienischen Postbüros noch während etwas mehr als einem halben Jahr aktiv. Verwendung fanden ägyptische Briefmarken.

Abb. 1) Brief von Massawa nach Marseille, Stempel «Massawa – Poste Khedevie Egiziane, 27. Mar»; rückseitig Ankunftsstempel «Marseille, 17. April (18)75» (Abbildung: 196.-201. Corinphila-Auktion 2015)

Abb. 2) Brief von Massawa nach Paris, Stempel «Massawah, 29. Ju(li) 85»; Ankunft Paris 28. August 1885 (Abbildung: Bianchi, 21)

3. Postwesen in der italienischen “Colonia Eritrea”

Italien, 1861 erst durch die Resorgimento-Bewegung und die Einigungskriege unter Einfluss des Königreichs Sardinen als einheitliches Königreich entstanden, suchte trotz enormer eigener Strukturschwächen – der Süden des Landes war ein Armenhaus – nach kolonialen Einflussgebieten. Als letzte europäische Macht beteiligte es sich im ausgehenden 19. Jahrhundert am »Scramble for Africa«, dem Wettrennen um Kolonien. Doch das war nicht einfach, war doch Afrika bis auf wenige Flecken bereits unter den damaligen Kolonialmächten Großbritannien, Frankreich, Portugal und, im geringeren Mass, Spanien und Belgien aufgeteilt. Italien traf somit ein ähnlich schlechtes Los wie das junge Deutsche Reich, für welche nur noch einige Brotsamen blieben.

1869 kam es unter Vermittlung eines italienischen Mönchs, Giuseppe Sapeto, der sich um 1850 in der Gegend von Keren niedergelassen hatte, zu einem Handel: Die italienische Reederei Rubattino kaufte 1870 in der Bucht von Assab von lokalen Herrschern, den Brüdern Sultan Ibrahim Ben Ahmad und Hassan Ben Ahmad, ein Gebiet von 18 Quadratkilometern Ausdehnung. 8100 Maria-Theresia-Thaler wechselten die Hand. Italienische Quellen veranschlagen 47’000 Lire, die der Kauf gekostet haben soll.

Abb. 3) Der Hafen von Assab in einer zeitgenössischen Abbildung.

Schritt für Schritt wurde das Einflussgebiet ausgeweitet, mit wohlwollender Unterstützung der königlichen italienischen Verwaltung. Schließlich gehörte ein Gebiet von 90 Kilometern Küstenlänge und zehn Kilometern Tiefe der Reederei Rubattino. 1882 übernahm das Italienische Königreich dieses Gebiet. König Umberto I. erklärte es formell zur italienischen Kolonie; der «Colonia di Assab». Nun begann der von der italienischen Geschichtsschreibung zum Mythos verklärte «colonialismo straccione del volto humano», der Arme-Leute-Kolonialismus mit menschlichem Antlitz.

Wirtschaftlich gab der Landstrich entlang der Küste nichts her; er lag im Dankil, einer heißen und trockenen Gegend, Bodenschätze gab es keine. Der einzige Vorteil: Von hier aus konnte der Schiffsverkehr im Roten Meer kontrolliert werden, was aufgrund der 1869 erfolgten Eröffnung des Suez-Kanals von strategischer Bedeutung war. Großbritannien in Aden, Frankreich in Dschibuti und Italien in Assab: Drei europäische Mächte konzentrierten sich um das Horn von Afrika und kontrollierten den neuen, international bedeutsamen Seeweg.

Von nun an verfolgte das Königreich eine zielstrebige Eroberungspolitik. Am 5. Februar 1885 übernahm Italien in Absprache mit Großbritannien die Kontrolle der gegenüber Assab wesentlich wichtigeren Hafenstadt Massawa. Die ägyptische Herrschaft wurde beendet.

Bereits ab 1883 bestand in Assab ein italienisches Postamt. Ein zweites italienisches Postamt nahm am 22. Februar 1885 in Massawa nach der Übernahme der Hafenstadt durch italienische Truppen seinen Dienst auf. Beide benutzten anfänglich italienischen Briefmarken, so die 1 und 2 Centesimi-Ausgabe von 1863/65 und die Ausgaben mit dem Brustbild Umbertos aus den Jahren 1879 bis 1889. Ab 1885 fanden in Assab auch einzelne Werte der Ausgaben des Königreichs von 1874 bis 1881 Verwendung, die mit dem bogenförmigen Aufdruck «Estero» versehen worden waren. Diese Ausgaben auf Briefen sind große Raritäten. Nachdem die «Estero»-Ausgaben am 31. Dezember 1889 außer Kraft gesetzt worden waren, wurden bis Ende 1892 wieder Ausgaben des Königreichs Italien verwendet.

Abb. 4) Das Postamt in Massawa in einer zeitgenössischen Abbildung (Abbildung: Bianchi, 24).

In Assab erfolgte ab 1883 eine Entwertung mit einem Einzeiler «Baia di Assab». Ab 1888 ist die Verwendung des Nummernstempels «3840» für die Entwertung nachgewiesen, der zusammen mit dem Rundstempel «Assab» mit Datum verwendet wurde.

Abb. 5) Verwendung der «Estero»-Ausgabe in Assab; Entwertung mit dem Einzeiler «Baia di Assab» (Bianchi, Titelbild).

In Massawa erfolgte die Entwertung mit dem Nummernstempel «3862» und dem Rundstempel «Massaua – Mar Rosso» mit Datum.

Abb. 6) Eingeschriebener Brief von Massawa nach Florenz; Stempel «Massaua, Mar Rosso, 6. Nov. 88» und Nummerstempel «3862» (Abbildung: Bianchi, 31).

Auf den 1. Januar 1893 kamen die ersten speziell für das Postaufkommen in Eritrea hergestellten Briefmarken an die Postschalter. Dabei handelte es sich um die italienischen Zifferausgaben in den Wertstufen 1 Centesimo und 2 Centesimi und dem Wappen (5 Centesimi) von 1879, welche mit einem Balkenaufdruck «Colonia Eritrea» versehen wurden, und die Ausgaben von 1879/89 mit dem Porträt von König Umberto I. mit dem bogenförmigen Aufdruck (Wertstufen 10, 20, 25, 40, 45 und 60 Centesimi, 1 und 5 Lire).

Abb. 7) Brief von Asmara nach New York; Stempel «Asmara Eritrea, 1. Ago. 95» (rückseitig Ankunftsstempel «New York, 29.8.1895»). Frankatur Ausgabe 1893.

In den Folgejahren erschienen mehrere Aufdruckausgaben. Erste eigene Briefmarken mit der Landesbezeichnung «Eritrea» kamen erstmals 1910 zu Verwendung. Die vier Briefmarken zeigen den Gouverneurspalast in Massawa oder als Symbol für die Landwirtschaft einen Bauern beim Pflügen. Diese Ausgaben wurden später wiederum mit neuen Portostufen überdruckt.

Abb. 8) Brief von Asmara nach Basel (Schweiz); Stempel «Asmara, Raccomandata, (Eritrea), 18.1.19» mit Zensurstempel (rückseitig Ankunftsstempel «Basel, 8.2.1919»). Frankatur Ausgabe 1916.

Auch nach diesen Ausgaben erschienenen weitere italienische Ausgaben mit dem Aufdruck «Colonia Eritrea».

Abb. 9) Postkarte von Massawa nach Zürich (Schweiz). Stempel «Massawa Maritima, 10.10.28». Frankatur: 5 Cents und 25 Cents der Ausgabe 1910, 10 Cents Aufdruck auf Ausgabe Italienisch Somalia (1922), 50 Cents Aufdruck auf Ausgabe König Vittorio Emanuele III (1928).

Die letzten Ausgaben mit der Bezeichnung «Eritrea» erschienen 1936. In diesem Jahr wurden Italienisch-Eritrea, Italienisch-Somaliland und Italienisch-Äthiopien zum neuen Postgebiet Italienisch-Ostafrika zusammengefasst.

Auf dem Höhepunkt der italienischen Kolonialzeit gab es in Eritrea 26 Postämter und einige Postagenturen in einzelnen Quartieren der größeren Städte.

Von besonderem Interesse sind Sendungen mit eritreischen Briefmarken, die auf abgehenden Schiffen postalisch entwertet wurden. Ein Postverkehr fand mit Handels- und Kriegsschiffen statt. Für die Entwertung kamen in der Regel Stempel mit dem Schiffsnamen zur Anwendung.

Abb. 10a und 10b) Schiffpostbrief nach Lakhapar (Indien) mit Stempel «Iosto, Piroscafo Postale Italiano, 22.7.00», mit Stempel «Aden, 24.7.01» und Ankunftsstempel «Lakhapar». Frankatur: Ausgabe 1893.

Abb 11) Schiffpostbrief nach Kopenhagen mit Stempel «Navigazione Generale Italiana Florino Rubattino, Vapore» (rückseitig Stempel «Port Said, 17.3.1907», «Suez, 17.3.1907» und Ankunftsstempel «Kopenhagen, 28.8.1907». Frankatur Ausgabe 1903; allerdings vor angeblichem Ausgabetag 1.4.1903 verwendet.

Schon während der Periode der Eroberung Eritreas wurden Feldpostsendungen mit einem speziellen Stempel «Deposito Centrale per le Truppe d’Africa (Commando)» oder «Deposito della Colonia Eritrea – Napoli» versehen. Während des ersten Abessinienfeldzugs 1895 bis 1896, in welchem die italienische Kolonialarmee bei Adua vernichtend geschlagen wurde, wurde neben Stempeln einzelner Truppeneinheiten der Rundstempel «Adigrat – Eritrea» mit Datum verwendet, später auch der Rundstempel «Adua – Eritrea» mit Datum. Adigrat und Adua sind jedoch Ortschaften, welche nicht im Gebiet der Kolonie Eritrea lagen, sondern im Kaiserreich Abessinien und heute in Äthiopien.

Abb. 12) Brief aus dem 1. Abessinienfeldzug 1895/96 nach Rom. Stempel «Adua – Asmara, 5. Nov. 95». Frankatur Ausgabe 1883 (Abbildung: Bianchi, 85).

Nachdem ein erster Versuch Italiens, das Kaiserreich Abessinien zu erobern, 1895 in der Schlacht von Adua gescheitert war, bereitete Italien unter Mussolini in den 1930-er Jahren einen erneuten Angriff vor. Niemand habe das Recht, 44 Millionen Italienern einen «posto al sole«, einen Platz an der Sonne, vorzuenthalten, so Mussolini. Am 3. Oktober 1935 setzten sich die italienischen Divisionen in Bewegung: 235’000 Mann, Tausende Motorfahrzeuge, 450 Kampfflugzeuge. Dieser Armee stand zunächst kein Gegner gegenüber. Um Italien keinen Anlass für eine Aggression zu geben, hatte der äthiopische Kaiser Haile Selassie schon am 25. September 1935 seine Truppen 30 Kilometer hinter die Grenze zurückbeordert, um so eine entmilitarisierte Pufferzone zu schaffen. So stießen die italienischen Aggressoren in drei Keilen, zwei von Eritrea, einer von Somalia her, rasch und ohne Gegenwehr vor. Nach einigen wenigen Kämpfen nahmen die italienischen Truppen am 5. Mai 1936 Addis Abeba ein.

Nach Beginn des italienischen Angriffskriegs fanden Stempel «Posta Militare» (mit Nummer) und «Asmara Concentramento – Posta Militare» Anwendung.

Abb. 13) Brief mit Stempel «Posta Militare No. 25; 27.5.1936» nach Mehalla Kebir (Ägypten), rückseitig Stempel «Alexandria 1.6.1936». Frankatur: Ausgabe 1933 (Landesansichten: Säulen von Qohaito) und Ausgabe 1931 (Portrait König Vittorio Emanuele III).

Abb. 14) Brief mit Stempel «Asmara Concentramento, Posta Milit., 4.1.1937» nach Rimini (Italien), rückseitig Ankunftsstempel «Rimini 10.1.1937». Frankatur Flugpost-Ausgabe 1936 (Pflug mit Zebu).

Für Truppenangehörige bestand Portofreiheit.

Abb. 15) Postkarte «Per le Forze Armate Africa Orientale» nach Lucca (Italien); Stempel «Concentr. Suss. P.M., Asmara, 14.11.36»; Ankunftsstempel «Lucca, 24.11.36» (Sammlung Zimmermann)

4. Italienisch Äthiopien

Die Eroberung von Addis Abeba wurde durch Handstempelaufdrucke auf eritreischen Ausgaben dokumentiert, welche in Äthiopien verwendet wurden.

Abb. 16) Brief von Adua (Abessinien) nach Asmara. Stempel «Adua, Eritrea, 25.6.36», Ankunftsstempel «Concentramento Asmara, 26.6.36». Handstempelaufdrucke «Italia – Addis Abeba – 1936 Maggio A. XIV», davon ein Handstemplaufdruck kopfstehend (Katalog Sassone Nr. 195 und 208). Aufdruck auf den Ausgaben 1933 (Landesansichten: Siedlung) und Ausgabe 1931 (Portrait König Vittorio Emanuele III).

Nach der Eroberung Abessiniens kam 1936 ein Satz mit sieben Werten mit der Bezeichnung «Poste Coloniale Italiana Ethiopia» zur Verwendung. Eritreische Ausgaben konnten weiterhin verwendet werden.

Abb. 17) Brief von Addis Abeba nach Salzwedel. Stempel «Addis Abeba, Arriva e Partenza, 2.4.38». Frankatur Eritrea Flugpost-Ausgabe 1936 (Bahnlinie und Brückenbau) und Ausgabe 1931 (Portrait König Vittorio Emanuele III) sowie Italienisch Äthiopien 1936 (nunmehr: Kaiser Vittorio Emanuele III. von Abessinien[!]).

5. Italienisch Ostafrika

Am 7. Februar 1938 schließlich wurden für Eritrea, Abessinien/Äthiopien und Somalia insgesamt sieben Ausgaben mit der Bezeichnung «Africa Orientale Italiana» herausgegeben, die letzte am 19. Juni 1941 mit dem Motiv «Deutsch-italienische Waffenbrüderschaft» und den Porträts der beiden Diktatoren. Aber auch nach Erscheinen der allgemeinen Ausgaben für Italienisch Ostafrika konnten die Ausgaben Eritreas weiterhin verwendet werden.

Abb. 18) Brief von Embat Kalla (Eritrea) nach Bitterfeld (Deutsches Reich), mit Zensurvermerk (Vorder- und Rückseite). Stempel «Embat Kalla, 12.2.1940». Frankatur Eritrea Flugpost-Ausgabe 1936 (Brückenbau) und 1933 (Landesansichten: Elefant) sowie Italienisch Ostafrika 1938 (Kaiser Vittorio Emanuele III. von Abessinien).

Allzu lange hatte das aus Eritrea, Somalia und Abessinien zusammengeschusterte Kolonialgebiet »Africa Orientale Italiana« jedoch nicht Bestand. Nicht nur, dass das Riesenreich – Italien war zur drittgrössten Kolonialmacht aufgerückt – kaum je vollständig befriedet werden konnte. Vielmehr griffen italienische Truppen nun auch auf Teile Sudans und Ägyptens über und annektierten Britisch-Somaliland. Damit war es mit der britischen Appeasement-Politik vorbei. Im Januar 1941 griffen britische Verbände von drei Seiten die italienische Kolonialarmee an. In einem Vorstoß drangen britische Verbände, unterstützt von Truppen aus dem britischen Kolonialreich, vom Sudan aus in Eritrea ein, in einem zweiten, ebenfalls vom Sudan ausgehend, in Abessinien, an dem auch der aus dem britischen Exil zurückgekehrte Kaiser Haile Selassie teilnahm. Ein dritter Vorstoß erfolgte von Kenia aus nach Somalia. Am 5. Mai 1941, auf den Tag genau fünf Jahre nach der Einnahme durch italienische Truppen, zog Haile Selassie wieder in Addis Abeba ein.

6. Eritrea unter britischer Verwaltung

Am 19. Januar 1941 stießen vom Sudan her zwei unter britischem Kommando stehende indische Divisionen nach Eritrea vor. Italienische Truppen und ihre eritreischen Hilfskräfte blockierten jedoch vor Keren die Gebirgsstrasse vom westlichen Flachland ins Hochland. Erst nach einer zweimonatigen Schlacht, die vom 5. Februar bis zum 1. April 1941 dauerte, war der Weg ins Hochland frei. Am 8. April 1941 kapitulierte der Befehlshaber der italienischen Marine in Massawa. Am 9. April 1941 erreichten die britischen Truppen Asmara.

Eritrea kam unter die britische «Militärverwaltung Mittlerer Osten», welche auch für die Cyrenaika, Tripolitanien und die Ägäischen Inseln zuständig war. Am 7. Juni 1941 wurde der «Post and Telegraphs Service» gebildet. Ab dem 2. März 1942 wurde der Postverkehr wieder aufgenommen, ab dem 22. Juni 1942 auch der Luftpostverkehr, der allerdings auf wenige Destinationen eingeschränkt war, darunter die Schweiz als neutrales Land. Die Zu- und Ableitung per Luftpost erfolgte durch die «British Overseas Airways Corporation» (BOAC).

Für den Postverkehr fanden Ausgaben des Vereinten Königreichs mit dem Überdruck «M.E.F.» Verwendung, was für «Middle East Forces» stand. Diese Ausgabe umfasste insgesamt fünf Werte. Die verschiedenen Portosätze und die Entwicklung der Porti sind gut dokumentiert. So kostete etwa ein Inlandbrief bis 30 gr. 2 ½ Pence, ein Auslandbrief bis 20 gr. 5 Pence.

Abb. 19) Brief von Asmara an das US-Feldpostamt APO 616 (in Kairo), Stempel «Asmara Centro, Correspondenze e Pacchi, 17.4.1944» mit Zensurklebestreifen. Frankatur: Ausgaben der MEF.

Erste ausschliesslich für die Verwendung in Eritrea hergestellte Briefmarken wurden ab 27. Mai 1948 herausgegeben. Wiederum handelte es sich um Ausgaben des Vereinten Königreichs, welche mit «B.M.A. Eritrea» überdruckt wurden (British Military Administration). Diese Ausgabe umfasste insgesamt 13 Werte. Die Währung wurde nun – ebenfalls als Überdruck – mit Schillingen und Cents angegeben. Ab 10. Januar 1948 galt eine relativ komplizierte Gebührenordnung mit neun verschiedenen Protosätzen für Auslanddestinationen. Je nach Destination betrug das Porto für einen Luftpostbrief bis 15 Gramm zwischen 50 Cents und 2 Schilling. So waren etwa Briefe nach Frankreich und Großbritannien mit 75 Cents zu frankieren, in die Schweiz mit 85 Cents und nach Deutschland mit 1 Schilling.

Abb. 20) Brief von Asmara nach London; Einschreiben. Frankatur BMA Eritrea (Abbildung: Delcampe).

Ab 6. Februar 1950 wechselte die Verwaltungsbezeichnung in «B.A. Eritrea» (British Administration Eritrea). Bis zum Ende der britischen Verwaltung am 14. September 1952 erschienen mit diesem Überdruck insgesamt 20 Werte. Während der britischen Verwaltung sank die Zahl der Postämter in Eritrea von 26 auf 19. Der Rückgang ging einher mit einem massiven Abbau der Infrastruktur. Als Kriegsreparation wurden ganze Industriebtriebe, Teile der öffentlichen Werke wie beispielsweise die dezentralen Elektrizitätswerke oder die Hafenanlagen von Massawa abgebaut und in britische Kolonien verlegt. Große Mengen von Rollmaterial der Eritrea-Bahn wurden aus Eritrea abgezogen. Von dieser Deindustrialisierung hat sich Eritrea in der Folge nicht mehr erholt.

Abb. 21) Telegramm von Asmara nach Addis Abeba auf Formular in italienischer Sprache vom 28. November 1951. Stempel «Asmara Central, 28.11.51». Frankatur BA Eritrea.

7. Die amerikanischen Armeepostämter in Eritrea

In die Periode der britischen Verwaltung von Eritrea fällt die Einrichtung von Postbüros der amerikanischen Feldpost, die Army Post Offices (APO). Die Postbüros waren im Sinne eines Feldpostbüros oft nur vorübergehend an einem Ort aktiv und wurden entsprechend dem Bedarf verlegt. Sie fertigten die Post von Angehörigen der US-Streitkräfte wie auch von Zivilpersonen ab, die vorübergehend in Eritrea stationiert waren. Post der Armeangehörigen wurde portofrei abgefertigt, für die Post der Zivilpersonen galten die amerikanischen Inlandtarife. Solche Sendungen mussten mit amerikanischen Briefmarken frankiert werden. Über den Aufgabeort gibt lediglich der Code des Poststempels Auskunft.

In Eritrea kamen während des 2. Weltkriegs fünf verschiedene amerikanische Armeepostämter zum Einsatz, oft aufgrund des Kriegsverlaufs oft nur kurze Zeit tätig waren und dann verlegt wurden. Solche Armeepostämter gab es in Asmara, Mai Habar, Gura und Massawa.

Am 20. Juli 1942 nahm das Armeepostamt APO 617 seine Arbeit auf. Es war auf dem einst von der italienischen Armee gebauten Flugfeld von Gura, südlich von Dekemhare, eingerichtet. Die italienische Luftwaffenbasis war zusammen mit den beiden anderen italienischen Luftwaffenstützpunkten in Asmara und Massawa im Juni 1941 durch Bomber der britischen RAF und der südafrikanischen SAAF zerstört worden. Die britische Armee bauten Gura wieder auf und betrieb dort die Wartung und Reparatur der im Nordafrika-Feldzug eingesetzten Maschinen. Zeitweilig waren in Gura bis 2000 Militärangehörige und Zivilangestellte tätig. Von November 1942 bis März 1943 wurden in Gura sogar 327 P-40 Kampfflugzeige zusammengebaut, deren Einzelteile von den USA auf dem Seeweg angeliefert worden waren. Die Post- und sonstige Versorgung erfolgte u.a. mit DC-4 Fliegern oder auf dem Landweg vom Hafen von Massawa aus. APO 617 war bis am 31. Mai 1945 aktiv.

Abb. 22) Brief vom APO 617, anfänglich auf dem Miltärflugplatz Gura und anschliessend in Asmara tätig. Brief in die USA.

Von besonderer Bedeutung ist das sechste, auf eritreischem Boden tätige Armeepostamt APO 843. Es war nach Kriegsende vom 14. Juni 1945 während rund 30 Jahren in Asmara tätig. APO 843 diente den in der Kagnew-Station stationierten US-Militärs. Die von der italienischen Kolonialmacht betriebene Station „Radio Marina“, welche 1953 in Kagnew-Station umbenannt wurde, war ein gewaltiger US-Horchposten am strategisch wichtigen Horn von Afrika. Das Gelände ausserhalb von Asmara war vollkommen abgeschirmt und bot alle Annehmlichkeiten des American Way of Life. 1971 lebten dort 5000 amerikanische Staatsangehörige, Militärpersonen wie auch deren Familienangehörige. Für sie stand das Armeepostamt APO 843 zur Verfügung.

Aufgrund der langen Tätigkeit und der zahlreichen stationierten Personen sind Belege mit dem Aufgabestempel „APO 843“ resp. später „APO 09843“ mit einigem Glück zu finden. Belege mit den anderen, während des 2. Weltkriegs benutzen Stempel, sind hingegen grosse Seltenheiten.

8. Eritrea als Teil Äthiopiens

Am 2. Dezember 1950 sprach sich die UNO-Vollversammlung in der Resolution 390A (V) mit 40 Stimmen für eine Föderation Eritreas mit Äthiopien aus; zehn Länder stimmten dagegen, vier enthielten sich der Stimme. Diesem Beschluss waren kontroverse Diskussionen über die Zukunft der ehemaligen Kolonie vorausgegangen. Doch letztlich setzte sich der Standpunkt der USA durch, deren Vertreter, Staatssekretär John Foster Dulles, die Interessen der USA ungeschminkt auf den Punkt brachte: «Vom Standpunkt der Gerechtigkeit aus hätte man die Meinung der Eritreer in Betracht ziehen müssen. Doch die Interessen der Vereinigten Staaten im Roten Meer und Erwägungen bezüglich der Sicherheit und des Weltfriedens machen es nötig, dass das Land Äthiopien angegliedert wird.» Großbritannien wurde aufgefordert, das Verwaltungsmandat bis spätestens am 15. September 1952 zu beenden. Die föderale Verfassung wurde am 11. September 1952 von Kaiser Haile Selassie genehmigt.

Die Post Eritreas wurde nun Bestandteil der äthiopischen Postverwaltung. Diese brachte in den Folgejahren verschiedene Ausgaben mit Sujets oder Bezügen zu Eritrea heraus.

Schon am 11. September 1952 erschien eine erste Serie mit neun Werten zur Vereinigung. Abgebildet sind der Hafen von Assab, der Weg nach Massawa, eine Landkarte oder symbolische Darstellungen des Anschlusses [Michel Nr. 318-326].

Abb. 23) Aerogramm mit Zusatzfrankatur von Addis Abeba nach Melbourne (Australien). Stempel «Depart AA, 10.6.1956». Zusatzfrankatur 2 x 25 Cents der Ausgabe 1952; Bildtext «1950: Der Weg nach Massawa ist geöffnet»

Zum 1. Jahrestag der Föderation erschienen am 4. Oktober 1953 fünf Werte, die Kaiser Haile Selassie in Massawa zeigen [Michel Nr. 328-332].

Abb. 24) Einschreibebrief (Ersttag) von Addis Abeba nach Den Haag (Niederlande); Stempel «Addis Abeba, Ethiopia, 4.10.53, Commemoratif» (Sammlung Zimmermann).

1961 löste Äthiopien die Föderation mit Eritrea einseitig auf und gliederte das Land als 14. Provinz in das Kaiserreich ein. 1962 wurde zum 10. Jahrestag des Zugriffs auf Eritrea ein Satz mit fünf Werten herausgegeben, die alle Assab oder Massawa, die beiden für Äthiopien wichtigen Hafenstädte, zeigen [Michel Nr. 433-437].

Abb. 25) Ersttagsbrief vom 11.9.1962 mit der Ausgabe zum 10. Jahrestag des Zugriffs auf Eritrea; Abbildung von Bauten in Massawa und Assab (Abbildung: Delcampe).

Mit der Beendigung der Föderation sicherte sich Haile Selassie den Zugriff auf die nicht unbedeutenden Zoll- und Hafeneinnahmen der beiden für Äthiopien lebenswichtigen Häfen von Massawa und Assab. Während vieler Jahre hatte sich diese Entwicklung abgezeichnet, indem die Rechte des Föderationsstaates immer weiter ausgehöhlt worden waren. Gegen diese schleichende Vereinnahmung entwickelte sich der Widerstand von anfänglich politischen und gewerkschaftlichen Aktionen hin zum bewaffneten Kampf gegen die äthiopische Fremdherrschaft.

In den Folgejahren kamen noch einige wenige Ausgaben mit direktem Bezug zu Eritrea an die Schalter. 1977 war in einer Serie mit dem Motiv «äthiopische Städte» ein Wert Asmara gewidmet (erschienen am 20. Juni 1977 [Michel Nr. 926]). Die am 20. Dezember 1977 erschienene Serie «Ruf des Mutterlandes» mit den martialischen Darstellungen ist vor dem Hintergrund der kriegerischen Auseinandersetzungen im Ogaden und in Eritrea zu sehen [Michel Nr. 950-954]. Weitre Ausgaben mit Motiven Eritreas sind keine mehr erschienen.

Am 1. September 1961 begann der eritreische Befreiungskampf. Eine Einheit der Eritreischen Befreiungsfront (Eritrean Liberation Front; ELF) wurde am Berg Adal im Tiefland von Gash-Barka von äthiopischen Truppen gestellt und in ein Gefecht verwickelt. Die ELF war erst ein Jahr zuvor im Juli 1960 in Kairo gegründet worden. Im Verlauf der Jahre bildete sich aus der ELF die später dominierende «Volksbefreiungsfront von Eritrea» (EPLF) heraus.

Bis Mitte der 1970-er Jahre konnte die Befreiungsbewegung ihren Einfluss vor allem in ländlichen Gebieten stark ausbauen. Unter äthiopischer Kontrolle standen zu jenem Zeitpunkt nur noch Teile des Hochlands mit der Hauptstadt Asmara und die Hafenstädte Massawa und Assab.

In Eritrea selbst litt das Postwesen nach Beginn des bewaffneten Befreiungskampfs; die Zahl der Poststellen nahm weiter ab. Zudem kannte die äthiopische Post – im Unterschied zur italienischen – die Hauszustellung nicht. Sendungen wurden in Postfächer gelegt. Die äthiopische Post arbeitete in Eritrea in den von Äthiopien kontrollierten Städten bis 1991. Am 24. Mai 1991 marschierte die Volksbefreiungsfront in Asmara ein, der 30-jährige Befreiungskampf fand ein Ende.

9. Das Postwesen in den befreiten Gebieten der Volksbefreiungsfront EPLF

Während des bewaffneten Befreiungskampfes, der von 1961 bis 1991 dauerte, betrieb die Volksbefreiungsfront von Eritrea (EPLF) im von ihr kontrollierten Gebiet einen Postdienst. 1978 kontrollierte die EPLF weite Gebiete im Westen von Eritrea. Ihr Verwaltungszentrum lag in Keren, der zweitgrößten Stadt des Landes.

Abb. 26) Keren war bis zum «Strategischen Rückzug» 1978 Zentrum des von der Volksbefreiungsfront kontrollierten freien Eritrea. Bild: Das Postamt von Keren. (Foto Stauffer; 2015)

1978 wurden von der EPLF Briefmarken herausgegeben. Ein erster, vierteiliger Satz erschien am 26. Mai 1978. Motive waren die Beteiligung der Frauen am Befreiungskampf und Errungenschaften des Kampfes. Die vier Werte tragen die italienische Bezeichnung «Posta Eritrea Libera» in lateinischer Schrift sowie dieselbe Bezeichnung in Tigrinya und Arabisch. Die Wertstufen waren 5, 10 und 80 Cents und 1 Dollar der amerikanischen Währung. Sie erschienen in Bogen zu je 25 Stück. Gedruckt wurden diese Ausgaben in Italien; eine postalische Verwendung während des Befreiungskampfes ist nicht nachgewiesen.

Zur Herausgabe erschien ein vom «Department of Transports and Communications» der Volksbefreiungsfront herausgegebener FDC mit entsprechendem Ersttagsstempel.

Abb. 27) Der Ersttagsbrief der EPLF-Ausgabe vom 26. Mai 1978 mit Ersttagsstempel «Keren, First Day of Issue, 26. May 1977».

Bereits am 1. August 1978 erschienen weitere drei Werte mit den Nominalen 80 Cents, 1 $ und 1$50. Wiederum wurde ein FDC mit Ersttagsstempel aufgelegt.

Mit dem Eingreifen der Sowjetunion auf Seiten Äthiopiens begann sich jedoch 1978 die militärische Lage für die Befreiungsfront zu verschlechtern. Die Führung der Volksbefreiungsfront entschied, sich aus den nicht zu verteidigenden Städten und dem Tief- und Hochland in die Sahelberge zurückzuziehen. In einem strategischen Rückzug zogen sich die militärischen und zivilen Einheiten zwischen Juli und Dezember 1978 ins Sahelgebirge zurück. Die Zivilverwaltung, Spitäler, Werkstätten, der gesamte Apparat wurde in einem Wettlauf gegen die äthiopische Übermacht in die Berge verlegt. Der Postverkehr kam vorübergehend zum Erliegen.

Während eines Jahrzehnts konsolidierte die Volksbefreiungsfront ihre Kräfte im Sahelgebirge und baute dort eine militärische und zivile Infrastruktur auf. Nebst lokalen Telefonnetzen und der drahtlosen Übermittlung über weitere Distanzen wurde auch ein Bus- und Postdienst eingerichtet.

Nach dem 1987 abgehaltenen 2. Kongress der Volksbefreiungsfront wurde mit dem erneuten Aufbau einer postalischen Infrastruktur begonnen, welche den Postverkehr unter den militärischen Kräften wie auch der Zivilbevölkerung sicherstellen sollten. Ebenso sollte der Postverkehr mit der Diaspora gewährleistet werden, war diese doch für die materielle Unterstützung der Volksbefreiungsfront von größter Bedeutung.

Acht Postzentren wurden aufgebaut, die den Postverkehr in dem von der Volksbefreiungsfront kontrollierten Gebiet in den Provinzen Barka, Semhar und Sahel sicherstellten. Speziell für die Postbeförderung zuständige Angehörige der Volksbefreiungsfront fuhren auf gelben Motorrädern regelmäßig verschiedene Routen ab. Sie übernahmen in den Postzentren die dort gesammelte Post und lieferten sie in den anderen Zentren zur Verteilung ab. Die für das Ausland bestimmten Sendungen wurden nach Port Sudan im Sudan gebracht, wo sie der sudanesischen Post übergeben und mit sudanesischen Briefmarken frankiert wurden. Über Port Sudan gelangte auch umgekehrt die Auslandpost ins Basisgebiet der Befreiungsfront.

Der Postverkehr im befreiten Gebiet war kostenlos, in diesem Gebiet zirkulierte kein Geld. Bei den Auslandsendungen kam die Befreiungsfront für das Porto auf.

Von den EPLF-Ausgaben fanden Restbestände unmittelbar nach Kriegsende 1991 postalische Verwendung. Die Werte von 5, 10 und 80 Cents der ersten Ausgabe sind auf gelaufenen Briefen nachgewiesen. Ein Verkauf am Postschalter der Post von Asmara fand noch im April 1993 statt.

Abb. 28) Eingeschriebener Expressbrief von Asmara nach Keren, Stempel «Asmara, 22.4.93»; rückseitig Ankunftsstempel «Keren, 26.4.1993». Frankatur 80 Cents-Ausgabe der EPLF sowie Ausgaben 3. Serie «30. Jahrestag des Beginns des bewaffneten Befreiungskampfes» (1993). Porto: Inlandporto 35 Cents; Expresszuschlag 85 Cents.

1993 gibt der zuständige Finanzverantwortliche der «Eritrean Postal Authority» in Asmara die Übernahme von Restbeständen der EPLF-Ausgaben von 1978 für die postalische Verwendung in folgender Anzahl an:

5 Cents                 3’149 Ex.

10 Cents              7’581 Ex.

80 Cents              3’928 Ex.

Nur wenige dieser Ausgaben sind erhalten geblieben. Sie sind neben den nachfolgenden Ausgaben der Jahre 1991 und 1992 Seltenheiten.

10. Die “Inlandpost” 1991-1993

Am 24. Mai 1991 endete nach 30 Jahren der Befreiungskrieg. Zum 30. Jahrestag der Aufnahme des bewaffneten Befreiungskampfs erschienen unangekündigt und unbemerkt von der philatelistischen Öffentlichkeit am 1. September 1991 die ersten drei Ausgaben des nunmehr befreiten Eritrea in den Wertstufen 5, 15 und 20 Cents. Als Währung wurde weiterhin der äthiopische Birr mit 100 Cents verwendet. Das Motiv zeigt hinter einen aus einer Granatschale herausragenden Befreiungskämpfer mit den Fahnen der Befreiungsfront und Eritreas aus der Föderationszeit in der einen und der Waage der Gerechtigkeit in der anderen Hand. Sie tragen die Landesbezeichnung Eritrea in lateinischer, arabischer und tigrinischer (äthiopischer) Schrift.

Abb. 29) Die drei ersten Ausgaben für die Inlandpost.

Alle Ausgaben sind zweifarbig gedruckt: der Hintergrund jeweils in den Farben dunkelgelborange (5 Cents), opalgrün (15 Cents) und blau (20 Cents); das Motiv einheitlich in schwarz. Der Druck erfolgte im Buchdruck, was sich aus den vorgefundenen Druckstöcken herleiten lässt. Das Papier ist relativ dünn, aber fest. Die Zähnung erfolgt in Linienzähnung 11 und ist eher ein Durchstich. Gedruckt wurden die Ausgaben in Bogen mit einer Anordnung 5 x 9, also 45 Werte pro Bogen. Die Bogen wurden auf den linken Rand mit Bogennummern durchnummeriert. Die eher ungewöhnliche Anzahl Briefmarken pro Bogen hängt wohl damit zusammen, dass die Druckerei «Adulis Printers» in Asmara erstmals überhaupt Briefmarken druckte und ihre Ressourcen an Material und Technologie limitiert waren.

Abb. 30) Linker Bogenteil mit Bogenrandnummer der Ausgabe 5 Cents.

Am Ausgabetag, Sonntag, 1. September 1991, gelangten noch keine Ausgaben zum Verkauf, denn dieser Tag war Feiertag. Trotzdem erschien ein Ersttagsbrief mit motivgleichem Sujet und dem bereits unter äthiopischer Posthoheit verwendeten Stempel «Asmara, First Day of Issue». Bereits nach wenigen Stunden waren alle vorbereiteten Exemplare ausverkauft. In Asmara bestand noch aus der Kolonialzeit eine Anzahl älterer Philatelisten.

Ab den folgenden Tagen waren jedoch die ersten drei Ausgaben in den Postämtern vorrätig und konnten erstanden werden. Sie konnten ausschliesslich für den inländischen Postverkehr verwendet werden. Eine Ableitung von Post ins Ausland war nicht möglich, da Eritrea zu jenem Zeitpunkt noch nicht Mitglied des Weltpostvereins war und deshalb keine Übernahme von Postsendungen durch ausländische Postverwaltungen erfolgte. Ortsbriefe waren mit 15 Cent, Inlandbriefe mit 20 Cent zu frankieren. Der 5 Cent-Wert diente zur Auffrankierung.

Im September 1991 waren 16 Postämter in 15 Ortschaften aktiv. Die Zustellung in entferntere Gegenden, beispielsweise nach Assab im äußersten Südosten oder Nakfa im Nordwesten, sollte maximal eine Woche dauern; Expresszustellungen wurden den täglich verkehrenden Überlandbussen mitgegeben.

Nur wenige der gebrauchten Ausgaben sind erhalten geblieben. Die Druckauflage wird von der eritreischen Postverwaltung für den Wert von 5 Cent mit 19’940 Exemplare angegeben, 15 Cent 18’945 Exemplare und 20 Cent 18’000 Exemplare [Michel Nr. 1-3]. Diese erste Ausgabe – wie auch die nachfolgende Ausgabe von 1992 – gehören somit zu den ganz großen Seltenheiten der modernen Eritrea-Philatelie.

Abb. 31) Die Hauptpost in Asmara, ein Jugendstilgebäude aus dem Beginn des 20. Jahrhunderts. (Foto Stauffer; 2014)

In diese erste Phase fällt auch die Nachverwendung der 1978 herausgegebenen Restbestände der EPLF-Ausgaben, auf welche bereits vorstehend eingegangen wurde [Michel Nr. 9-11].

Eine nächste Briefmarkenausgabe erschien nach Erschöpfung der ersten Ausgabe schon 1992. Das Motiv war dasselbe wie bei der ersten Ausgabe von 1991, jedoch wurde jetzt für alle drei Werte ein farbiger Hintergrund gewählt (5 Cent hellblau; 15 Cent hellgrün; 20 Cent hellgelb). Die Ausgaben wurden wiederum im Buchdruck von Adulis Printers in Asmara hergestellt und mit L 11 gezähnt. Nunmehr erfolgte die Bogenrandnummerierung mit einem moderneren Gerät. Die Auflage betrug beim Wert zu 5 Cent 22’275 Exemplare, für 15 Cent 21’825 Exemplare und für 20 Cent 40’320 Exemplare [Michel Nr. 4-6].

Abb. 32) Die 2. Ausgabe «30. Jahrestag des Beginns des bewaffneten Befreiungskampfes»

1993 wurden mit gleichem Motiv und gleicher Herstellungstechnik noch zwei hochwertige Ausgaben zu 3 (Hintergrund silber) und 5 Birr (Hintergrund gold) herausgegeben. Diese beiden hohen Werte wurden notwendig, weil ab 1993 aufgrund bilateraler Abkommen ein Postverkehr mit dem Sudan möglich wurde. Solche Auslandsendungen aus der Zeit vor Aufnahme in die UNO und in der Folge in den Weltpostverein sind absolute Einzelstücke. Nach Aufnahme Eritreas in den Weltpostverein wurden diese hohen Werte für die normale Postableitung, insbesondere für Luftpostporti verwendet. Gedruckt wurden die beiden Werte wiederum von Adulis Printers in Asmara, die Auflagen betrugen für den 3 Birr-Wert 45’000 Exemplare und für den 5 Birr-Wert 67’500 Exemplare [Michel Nr. 7 und 8].

Abb. 33) Der 5 Birr-Wert der hohen Wertstufen 3 und 5 Birr der 2. Ausgabe, herausgegeben 1993.

Abb. 34) Einschreibebrief von Asmara nach Khartum (Sudan). Aufgrund eines bilateralen Abkommens waren Auslandsendungen ausschließlich in den Sudan möglich. Stempel «Asmara, 20.4.1993», rückseitig Ankunftsstempel «Khartum, 1.5.1993». Porto 3 Birr Auslandbrief und 3 Birr Einschreibezuschlag

11.   Eritrea nach dem Unabhängigkeitsreferendum von 1993

Zwei Jahr nach dem Ende des Befreiungskampfes wurde das international überwachte Referendum über die Unabhängigkeit Eritreas durchgeführt. Auf das Referendum hin erschien am 22. April 1993 eine fünfteilige Ausgabe. Sie hat als Motive eine Wahlurne (15 Cent), eine symbolische Darstellung der Meinungen (60 Cent), einen Wegweisen mit «Ja» und «Nein» in entgegengesetzten Richtungen (75 Cent), das Licht der Freiheit (1 Birr) und den Landesumriss mit Friedenstaube und Posthorn (2 Birr).

Im Referendum sprachen sich 99.8 Prozent der Beteiligten für die Unabhängigkeit aus. Diese wurde am 24. Mai 1993 verkündet. Seit September 1993 ist Eritrea Mitglied des Weltpostvereins. Damit wurde die zweijährige internationale Isolation ohne Zu- und Ableitung der Post beendet.

Abb. 35) Gelaufener Ersttagsbrief der Referendumsausgabe 1993 von Asmara nach Keren. Stempel «Asmara, First Day of Issue, 22. April 1993», rückseitig Ankunftsstempel «Keren, 26.4.1993».

Zwei Jahre nach der ersten Ausgabe erschienen am 25. September 1993 die ersten Werte der Flaggenserie. Als Motiv dient die eritreische Flagge. Die erste Serie umfasste die Wertstufen 5, 20, 35, 50, 70 und 80 Cent. Alle Werte sind einheitlich gestaltet und haben einen blauen Rahmen. Sie unterscheiden sich lediglich durch die schwarz gedruckte Wertangabe [Michel Nr. 20-22 und 24-26].

Bereits am 22. Januar 1994 erschienen in gleicher Gestaltung weitere Werte., nunmehr mit unterschiedlichen Rahmenfarben, während das zentrale Motiv auf allen Ausgaben gleich ist. Der Druck erfolgte wiederum durch die Adulis Printers in Asmara; die Zähnung erfolgte als Linienzähnung 11. Zahlreiche Druckzufälligkeiten sind bekannt, beispielsweise rückseitige Abklatsche. Auch gibt es unterschiedliche Größen, was auf eine verschobene Zähnung zurückzuführen ist, oder nur dreiseitig gezähnte Ausgaben.

Abb. 36) Die erste Flaggenserie

Ein Jahr später, am 24. Mai 1994, erschien eine weitere Ausgabe zum 1. Jahrestag der Unabhängigkeit mit zwölf Werten in den Wertstufen von 5 Cent bis 10 Birr. Sie wird von der eritreischen Postverwaltung als «Free State Definitive Stamps» bezeichnet. Das Motiv ist für alle Ausgaben das gleiche und zeigt das Staatsgebiet und die eritreische Fahne. Die einzelnen Werte unterscheiden sich nur durch die Wertangabe und die Farbe des Rahmens sowie der Hintergrundfarbe. Die Herstellung erfolgte im Offsetdruck durch Joh. Enschede in den Niederlanden. Als Auflage werden je 300’000 Exemplare angegeben. Entsprechend der hohen Auflagezahl und auch der höheren Wertstufen fanden einzelne Werte weite Verbreitung im In- und Ausland und waren während Jahren – auch nach der Währungsumstellung von 1997 – im Gebrauch [Michel Nr. 15-19].

Abb. 37) Brief von Asmara nach Bad Reichenhall (Deutschland); Stempel «Asmara 28.2.2001». Spätverwendung der 1994 erschienen Ausgaben zum 1. Jahrestag der Unabhängigkeit.

1996 setzt die Zusammenarbeit mit der Inter-Governmental Philatelic Corporation (IGPC), New York, ein. Diese Gesellschaft bedient – wie der Name besagt – den philatelistischen Markt. Entsprechend sind die Ausgaben ausgerichtet. Es dominierten Motive aus Flora und Fauna, welche auf Motivsammler ausgerichtet waren. Eritreische Bezüge sind seltener auszumachen, außer dass die Pflanzen und Lebewesen einen Bezug zur Region am Horn von Afrika haben. Die Ausgaben sind jeweils von Grafikern der IGPC gestaltet. Gedruckt wurden sie bei House of Questa, London. Diese Firma stellte 2002 nach einer Übernahme durch die Druckerei De La Rue den Briefmarkendruck ein. Alle Ausgaben konnten jedoch auch an den Postschaltern in Eritrea erworben werden und waren teilweise noch vor kurzem am Philatelie-Schalter auf der Hauptpost von Asmara vorrätig.

Abb. 38) Gefällige Motivausgabe «Fische und Korallen des Roten Meeres», welche von der IGPC betreut wurde und am 17. April 2000 an den Postschalter kam.

Das bunte Treiben der IGPC endete 2002. Seither haben alle Ausgaben einen engen Bezug zur politischen Entwicklung Eritreas. Themen des Befreiungskampfes, des nationalen und des wirtschaftlichen Aufbaus und der internationalen Allianzen dominieren. Von einzelnen Ausgaben sind sehr hohe Auflagen gedruckt worden. Devisenrestriktionen haben dazu geführt, dass von der eritreischen Postverwaltung seit 2016 keine neuen Ausgaben mehr herausgegeben worden sind. Vielmehr werden die Restbestände von bisherigen Ausgaben aufgebraucht.

12. Cinderellas und Fake-Ausgaben

Eritrea ist ein beliebtes Land für Hersteller von Phantasieausgaben. Auf dem Markt und dabei insbesondere auf den grösseren Internetplattformen werden zahlreiche falsche Ausgaben angeboten, die nie von der eritreischen Postverwaltung herausgegeben worden sind. Einige wenige Ausgaben tragen noch die Bezeichnung «EPLF» als angebliche Herausgeberin, andere die Landesbezeichnung «Eritrea». Diese betrügerischen Ausgaben zeigen meist beliebte Motive. Damit sollen leichtgläubige Menschen verführt werden, diese «Bildchen» in ihre Sammlungen aufzunehmen.

Die weit über hundert Ausgaben lassen sich in verschiedene Motivgruppen zusammenfassen: Royals (Queenmother, Queen, Lady Diana and Prinz Charles), Papst, Sport, Tiere, Musiker (Beatles, Doors), Maler und Gemälde, Politiker und Sexflittchen. Die übelste Machenschaft ist en Block mit der Abbildung deutscher Panzer aus dem 2. Weltkrieg mit Hakenkreuzsymbol.

Diese Ausgaben werden im Internet von kriminellen Händlern mit einem Phantasienamen aus Belgien, Niederlande, Großbritannien, Deutschland, Portugal, Italien, Indien, Indonesien und Kanada angeboten. Ein Betrüger aus Taiwan ist äusserst produktiv im Vertrieb – und wohl auch in der Herstellung – von zahlreichen Phantasieausgaben.

Alle diese Ausgaben haben keine Gültigkeit und keinen Wert. Die Herausgeber rechnen wohl damit, dass Eritrea als kleines und armes Land nicht die Möglichkeit hat, sich gegen diese Machenschaften zu wehren. Unser Rat: Hände weg von solchen Betrügereien!

Abb. 39) Phantasieausgabe mit Phantasiestempel.

Hinweise

  • Beim Quellenverweis «Bianchi» handelt es sich um die Publikation von Bianchi Paolo, Colonia Eritrea Vent’anni di Storia Postale 1883-1903, Milano 1976.
  • Alle Belege, bei denen keine Herkunftsbezeichnung angebracht ist, stammen aus der Sammlung des Verfassers.
  • Anregungen und weiterführende Informationen nimmt der Verfasser gerne entgehen (hu.stauffer@bluewin.ch).

Weiterführende Literatur:

Eine vertiefte Darstellung des Themas findet sich in folgender Broschüre:

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