Von Postfürsten, dreisten Fälschern und bayrischen Doppelkönigen

by Adrian Schaub
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Artikel von Dr. Adrian Schaub, SPhV Basel

Für die Suche nach verlorenen und vergessenen Briefmarkenländern müssen wir nicht weit reisen. Auf dem heutigen Gebiet Deutschlands lagen Mitte des 19. Jahrhunderts ein halbes Dutzend Länder, welche eigene Briefmarken herausgaben. Manche nur während kurzer Zeit, andere über Jahrzehnte, ja gar während des Deutschen Kaiserreichs und über dessen Ende hinaus.

Es gab es Kuriositäten aller Art wie etwa Gebiete, welche Marken in drei verschiedenen Währungen ausgaben oder Staaten, die in gewissen Katalogen als deutsches und in anderen als englisches Markengebiet geführt werden. Findige Geschäftsleute stellten umfangreiche „Neudrucke“ alter Marken her und in Bayern waren zeitweise zwei Könige gleichzeitig an der Macht.

Es gibt also viele gute Gründe, das Rad der Zeit 200 Jahre zurück zu drehen und die Briefmarken dieser Epoche aus ihren Alben zu befreien.

1815: Jean-Baptiste Isabey, Wiener Kongress

Nach der desaströsen Niederlage Napoleons gegen Russland musste dieser als Kaiser von Frankreich abdanken und wurde auf die Insel Elba verbannt. In der Folge trafen sich die Herrschenden Europas zwischen September 1814 und Juni 1815 in Wien. Rund 300 königliche und fürstliche Delegationen trafen sich an dieser mehrere Monate dauernden Grossveranstaltung, um die Grenzen neu zu ziehen und wieder ein Gleichgewicht der Kräfte in Europa zu schaffen.

Deutscher Bund (1815-1866)

Eine besondere Knacknuss war die Neuordnung Deutschlands. Über Jahrhunderte war diese Region vom Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation beherrscht gewesen. Unter dem Druck Napoleons war dieses jedoch 1806 untergegangen. Die Gründung eines deutschen Nationalstaats kam für die anderen Mächte nicht in Frage. Insbesondere der Vielvölkerstaat Österreich-Habsburg wehrte sich dagegen aus der Befürchtung, dass dies seine Mitgliedsstaaten ebenfalls zur Gründung eigener Nationalstaaten motivieren könnte. Als Kompromiss wurde schliesslich der Deutsche Bund gegründet, ein loser Zusammenschluss von 38 unabhängigen Staaten und Städten ohne gemeinsames Oberhaupt.

In Ermangelung eines einheitlichen Postwesens gaben Baden, Bayern, Bergedorf, Braunschweig, Bremen, Hamburg, Hannover, Helgoland, Lübeck, Mecklenburg-Schwerin / – Strelitz, Oldenburg, Preussen, Sachsen, Schleswig-Holstein, Thurn und Taxis sowie Württemberg ab 1849 eigene Briefmarken heraus, welche heute im Sammelgebiet «Altdeutsche Staaten» zusammengefasst werden.

Thurn und Taxis

2006: Thurn und Taxis (Brettspiel), Hans im Glück Verlag

Wer heute den Namen Thurn und Taxis hört, denkt wohl zunächst an die aus der Regenbogenpresse bekannte Fürstin Gloria oder allenfalls an das Brettspiel, in welchem man ein Postkutschennetz aufbauen muss, und welches im Jahre 2006 die Auszeichnung als Spiel des Jahres gewann.

Markensammler wissen dem gegenüber, dass Thurn und Taxis nicht nur ein aus Italien stammendes Fürstengeschlecht ist sondern auch, dass diese seit dem Mittelalter das Postmonopol für grosse Teile Mitteleuropas von Norddeutschland bis Spanien inne hatten. Mit dem Untergang des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation im Jahre 1806 endete das Monopol und die Fürsten schlossen mit 19 deutschen Kleinstaaten Einzelverträge ab, welche ihnen die Postrechte auf deren Gebiet zusicherten. Da diese Länder unterschiedliche Währungen hatten, gab es die Thurn und Taxis Marken in den nördlichen Gebieten in Thalern (1 Thaler = 30 Silbergroschen) und im Süden in Gulden (1 Gulden = 60 Kreuzer).

1859 Ziffern im Kreis, 30 Kreuzer (Mi 25)

Den Todesstoss für das über 350 Jahre erfolgreichen Postunternehmen war dann das Ende des Deutschen Bundes im Jahre 1866. Danach übernahm die preussische Postverwaltung die Postrechte vom Fürstenhaus, immerhin gegen Bezahlung von stattlichen 3 Millionen Thalern.   

Helgoland

Helgoland ca. 1890

Helogoland ist eine zwei Quadratkilometer kleine Insel in der Nordsee mit einer bewegten Geschichte. Nicht nur, aber auch was die Briefmarken angeht. Dies fängt schon damit an, dass die Insel in den deutschen Briefmarkenkatalogen unter Deutschland aufgeführt wird, im Rest der Welt jedoch unter Grossbritannien.

Erste Bekanntheit erlangte Helgoland in der grossen Seeschlacht von 1401, in welcher die Hamburger den berüchtigten Piraten Klaus Störtebeker fassten. Seit dem 17. Jahrhundert gehörte die Insel zu Dänemark. 1807 wurde diese jedoch durch die Engländer erobert, welche damit Napoleons Kontinentalsperre umgehen wollten. Nach dem Untergang Napoleons und der Neuordnung Europas im Wiener Kongress verlor Helgoland jedoch seine strategische Bedeutung für die Engländer. Folgerichtig tauschten sie diese dann 1890 im „Helgoland – Sansibar“ Vertrag mit dem Deutschen Reich gegen ein paar Überseegebiete. Da die Briefmarken von Helgoland jedoch zwischen 1867 und 1890 erschienen sind, gehören sie somit richtigerweise unter England in den Briefmarkenkatalog.

15. Februar 1875 Königin Victoria 1 Pfennig / 1 Farthing (Mi 11)

Aufgrund der Nähe zum deutschen Festland bestand jedoch auch während der britischen Zeit stets ein starker Bezug zu Deutschland. Dies widerspiegelt sich auf den Briefmarken in mehrerer Hinsicht. So trugen etwa die ersten Marken das Porträt der englischen Königin Victoria und die Landesbezeichnung in englischer Sprache (Heligoland), lauteten aber auf eine deutsche Währung, den Hamburger Schilling. Die späteren Marken waren dann sowohl in deutscher wie auch in englischer Währung angeschrieben (z.B. 1 Pfennig / 1 Farthing oder 25 Pfennig / 3 Pence).

1867 Königin Victoria 1 Hamburg Schilling (Mi 2, Hamburger Neudruck)

Die Gesamtauflage der ersten noch auf Hamburger Schilling lautenden Markenserie belief sich auf rund 800’000 Stück. «Dank» dem Hamburger Briefmarkenhändler Julius Golder gab es jedoch wenige Jahre später rund 5 Millionen Exemplare dieser Briefmarken. Dabei handelte es sich nicht um plumpe Kopien oder Fälschungen, sondern um Abzüge von den Originalsteinen der Post.

Diese abenteuerliche Geschichte begann eigentlich ganz alltäglich. Nach der Einführung der deutschen Einheitswährung (Mark / Pfennig) im Jahre 1875 wurden die alten, auf Schilling lautenden Marken für ungültig erklärt. Dem Kaufmann Golder gefielen deren Motive und er kaufte dem britischen Gouverneur den Restbestand ab, um diese als Reiseandenken an Touristen zu verkaufen.

Das Geschäft lief gut und so wollte er bei der Reichsdruckerei eine Nachbestellung aufgeben. Diese wurde jedoch mit der Begründung abgelehnt, dass die Markenherstellung eine staatliche Tätigkeit sei und man von Privaten keine Aufträge entgegennehme, auch nicht für ausser Kurs gesetzte Marken. Schlau wie er war, kontaktierte Herr Golder den britischen Gouverneur von Helgoland, welcher schliesslich über das Postamt von Helgoland den Druck bei der Reichsdruckerei in Auftrag gab. Dieser Auftrag wurde von der Reichsdruckerei getreulich ausgeführt und die «amtlichen» Neudrucke an Herrn Golder geliefert.

Doch der Appetit kommt bekanntlich mit dem Essen und als im Winter 1878/79 Helgoland von schweren Stürmen heimgesucht und für die Behebung der Schäden auf Gelder angewiesen war, nutzte Herr Golder die Gelegenheit und kaufte den lokalen Behörden die Drucksteine der Briefmarken ab. In den nächsten Jahren liess er zuerst bei der Reichsdruckerei Berlin und später in Hamburg und Leipzig «private» Neudrucke von den Originalsteinen erstellen. Mit der Zeit wurde Herr Golder immer kreativer und erstellte zum Beispiel auch gezähnte Marken von Ausgaben, die im Original nur ungezähnt erschienen waren. Die Zahl seiner Neudrucke ist nicht genau bekannt. Schätzungen gehen von etwa 5 Millionen aus: mehr als das fünffache der Original Auflage!

9. August 1940 Helgoland seit 50 Jahren deutsch 6 + 94 Pf. (Mi 750)

Aber auch ausserhalb der Briefmarken erlebte Helgoland wechselhafte Zeiten: Kurz nach der Übernahme der Insel von den Briten baute der deutsche Kaiser Helgoland zu einem massiven Marinestützpunkt aus. Die Insel war von riesigen Tunnelsystemen durchzogen und nach dem Ausbruch des ersten Weltkriegs 1914 mussten alle Zivilisten die Insel verlassen.

Deutschland verlor den ersten Weltkrieg und wurden im Vertrag von Versailles zur Zerstörung sämtlicher militärischer Anlagen auf Helgoland verpflichtet. Doch keine 20 Jahre später lancierte Adolf Hitler das Projekt «Hummerschere». Helgoland sollte wieder zu einer gigantischen Meeresfestung ausgebaut werden, welche gar das Vier- bis Fünffache seiner natürlichen Grösse haben sollte. Dies blieb den Alliierten nicht verborgen und Helgoland war ab Beginn des zweiten Weltkriegs ein vordringliches Ziel zahlreicher Luftangriffe der Alliierten.

Nach der deutschen Niederlage 1945 wurde die Insel erneut von den Briten übernommen. Mit der grössten Explosion von nicht-nuklearem Sprengstoff aller Zeiten zerstörten sie die deutschen Militäranlagen und überliessen sie der britischen Luftwaffe zum Abwurf von Übungsbomben.  

Im Jahre 1952 organisierten ein paar Studenten eine friedliche Invasion, worauf die Briten 1952 Helgoland wieder zurück an die Bundesrepublik Deutschland gaben.

Baden

Das Grossherzogtum Baden gewann Ende des 18. Jahrhunderts dank seiner Verbundenheit mit Napoleon schnell an Grösse. Als sich dann nach dem gescheiterten Russland-Feldzug das Blatt gegen Napoleon wendete, zögerte der mit der Adoptivtochter Napoleons verheiratete Grossherzog Karl sehr lange und entschied sich erst im letzten Moment zu einem Bündniswechsel und erreichte damit, dass die Grenzen des Grossherzogtums Baden im Wiener Kongress unangetastet blieben.

1. Mai 1851 Ziffer im Kreis 6 Kreuzer (Mi 3)

1811 übernahm Baden das Postwesen von den Fürsten Thurn und Taxis. Die ersten Briefmarken erschienenen jedoch erst 1851 nach dem Beitritt Badens zum Deutsch-Österreichischen Postverein. Dieser Verein trug entscheidend zur Verbreitung der Briefmarken im Deutsche Bund bei. Nicht nur wurde damit deren Gültigkeit in allen teilnehmenden Staaten gewährt, sondern es gab erstmals einen einheitlichen Posttarif nach Gewicht und Distanz: Briefe bis 1 Zolloth Gewicht (15.625 Gramm) 3 Kreuzer bis 10 Meilen, 6 Kreuzer bis 20 Meilen und 9 Kreuzer für Entfernungen über 20 Meilen. Zahlreiche Marken der altdeutschen Staaten enthielten deshalb einen Verweis auf den Postverein. In den ersten badischen Ausgaben findet sich dieser an den linken und rechten Rändern in Form der Inschrift „Deutsch-Oester. Postverein Vertrag v. 6. April 1850“.

Brief von Lahr nach Steinenstadt, Januar 1859 (Mi 2)

Marken erzählen viele Geschichten, aber ein genauso spannendes Gebiet ist die Stempelkunde. Im Laufe der Jahre änderten diese immer wieder ihre Form und waren mal länglich, mal sternförmig, mal rund. Aufgrund der postalischen Vorschriften ist genau nachvollziehbar, welcher Stempel von wann bis wann im Einsatz war. Es gibt deshalb Sammler, die bereit sind grosse Summen für seltene Abstempelungskombinationen zu bezahlen. Dies ist etwa der Fall für eine Marke, die am 1. März 1890 in Umlauf kam und mit einem Stempel abgestempelt wurde, der nur bis am 5. März 1890 verwendet werden durfte.

Aber auch der Laie mag die Stempel auf obigem Brief von 1859 mit Interesse studieren, enthält er doch fünf Stempel aus drei verschiedene Stempeltypen. Die Marke selbst ist mit einem badischen Nummernstempel versehen, der aus fünf konzentrischen Kreisen besteht und in der Mitte eine Zahl zwischen 1 und 177 enthält, welche alphabetisch der entsprechenden Poststellen zugeordnet worden war. Auf der Rückseite befinden sich zwei Eisenbahn-Kursstempel (E.B.), welche oben das Datum und unten den Kurs enthalten, mit welchem der Brief befördert wurde. Schliesslich hat es auf Vorder- und Rückseite je einen Zweikreisstempel des Abgangs- respektive Ankunftsorts mit Ort (Schliengen respektive Lahr) und Datum.

Bayern

Schloss Neuschwanstein (Baubeginn 1869, Foto: wall.alphacoders.com)

Neben Württemberg war Bayern der einzige Staat, der nach Gründung des deutschen Kaiserreichs (1871) bis zu Beginn der Weimarer Republik weiterhin eigene Marken herausgeben durfte. Dies erlaubt uns heute spannende Einblicke nicht nur in die wechselvolle Geschichte der bayrischen Könige sondern auch in den Wechsel von der Monarchie zur Republik.

10. März 1911 90. Geburtstag von Prinzregent Luitpold 10 Pf. (Mi 78)

Das Bayrische Königreich wurde ab 1864 von Ludwig II. regiert, der sich nach seinem 30. Altersjahr  aus der Öffentlichkeit zurückzog. Nicht zuletzt weil er wegen seines immensen Konsums von Süssigkeiten nahezu alle Zähne verloren hatte und ziemlich dick geworden war. Er baute jedoch weiterhin gerne Märchenschlösser, wodurch sich ein beträchtlicher Schuldberg anhäufte. 1886 wurde er entmündigt und starb kurz danach unter ungeklärten Umständen im Starnberger See.

Gemäss den Thronfolgeregeln wurde Ludwigs jüngerer Bruder Otto zum neuen König von Bayern gekürt. Da dieser aber aufgrund einer Geisteskrankheit nicht regierungsfähig war, führte dessen Onkel Prinzregent Luitpold die kommenden 25 Jahre de facto das Land.

13. März 1914 König Ludwig III. 20 Pf. (Mi 97)

Nach dem Tod Luitpolds liess sich dessen Sohn 1913 zum König Ludwig III. ausrufen, obwohl König Otto noch bis 1916 lebte, so dass Bayern während dieser Zeit formal zwei Könige hatte.

1. März 1919 König Ludwig III. Aufdruck „Volksstaat Bayern“ 5 Pf. (Mi 117 II A)

Die Novemberrevolutionen gegen Ende des ersten Weltkriegs führten auch in Bayern zum Sturz der Monarchie und Einführung der Demokratie. Nicht nur aus philatelistischer Sicht bemerkenswert ist, dass man zu diesem historischen Vorgang keine neuen Briefmarken gestaltete, sondern weiterhin das Porträt des Monarchen verwendete, jedoch nun mit dem Aufdruck „Volksstaat Bayern“ versehen. Das Bildnis eines Monarchen mit der Aufschrift einer demokratischen Staatsform mutet aus heutiger Sicht reichlich paradox an. 

6. August 1919 König Ludwig III. Aufdruck „Freistaat Bayern“ 15 Pf. (Mi 156 A)

Der Begriff des Volksstaats war ein Synonym für Republik und sollte den Gegensatz zum Obrigkeitsstaat in Form der Monarchie darstellen. Der Ausdruck „Volk“ respektive „Volksgemeinschaft“ wurde jedoch bereits damals für Menschen gleicher Ethnie verwendet. Da diese Bedeutung nicht die Absicht der Gründerväter widerspiegelte, änderten diese die Staatsbezeichnung nach wenigen Monaten in „Freistaat“, ein damals ebenfalls geläufiges Synonym für Republik, welches bereits von zahlreichen anderen Mitgliedern der Weimarer Republik verwendet wurde.

Norddeutscher Bund (1866-1871)

Doch blenden wir noch einmal sechzig Jahre zurück auf die Geschichte des Deutschen Bunds, wo im Jahre 1866 die jahrzehntelange Rivalität zwischen Preussen und Habsburg-Österreich über die Führungsrolle zum «Deutschen Krieg» führte. Dieser war bereits nach sieben Wochen mit dem Sieg Preussens beendet, worauf der Deutsche Bund aufgelöst wurde.

Unter der Führung des preussischen Königs Wilhelm I. und dessen Kanzler Otto von Bismarck gründeten die Staaten nördlich der Mainlinie nun einen Bundesstaat unter dem Namen «Norddeutscher Bund. Dieser trieb die Vereinheitlichung zügig voran und spurte in vielen Bereichen die Regelungen des Kaiserreichs von 1871 vor. So wurden beispielsweise neue Handels- und Strafgesetze erlassen und das vereinheitlichte Passwesen ermöglichte den freien Personenverkehr im ganzen Gebiet.

Januar 1869 Ziffern im Kreis ½ Groschen (Mi 15)
Februar 1869 Ziffern im Oval Drei Kreuzer (Mi 21)

Nicht vereinheitlicht wurde jedoch das Geldwesen und im Norddeutschen Bund galten drei Währungen: im Norden Thaler/ Groschen im Süden Gulden/Kreuzer und in Hamburg Mark/Schilling. 

Deutsch-französischer Krieg 1870/71

1868 schlug Bismarck den deutschstämmigen Prinzen Leopold von Hohenzollern als neuen König von Spanien vor. Obwohl letzterer seine Kandidatur wieder zurückzog, waren die Franzosen derart empört, dass sie dem Norddeutschen Bund am 19. Juli 1870 den Krieg erklärten. Aufgrund von Schutz- und Trutzbündnissen unterstützten die süddeutschen Staaten die Preussen. Auch die anderen europäischen Mächte fanden den Kriegsanlass ziemlich lächerlich, so dass Frankreich ziemlich isoliert dastand.

10. September 1870 Ziffern mit Netzunterdruck 10 Centimes (Mi 5 I)

Den angegriffenen Preussen gelang es jedoch schon bald den Kriegsschauplatz auf französisches Hoheitsgebiet zu verschieben, die ersten Schlachten zu gewinnen und gar im August 1870 das Elsass zu besetzen.

Die obige Marke stammt aus dieser Zeit und ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert: Sie wurde am 10. September 1870 vom Norddeutschen Bunds für das Gebiet Elsass in französischer Währung verausgabt. Damals war der Krieg erst wenige Wochen im Gang und dessen Ausgang nicht absehbar. Zu diesem Zeitpunkt bereits sogenannte «Besatzungsmarken» herauszugeben, zeugt von erheblichem Selbstbewusstsein und war ein erstmaliger Vorgang. Immerhin sollten sich die Preussen in ihrer Einschätzung nicht getäuscht haben und im Frieden von Frankfurt vom 10. Mai 1871 musste Frankreich das Elsass dann tatsächlich an das Deutsche Reich abtreten.

Alle Marken und Briefe stammen aus meiner Sammlung.

Literatur und Abkürzungen:

Adkins Michael, Dead Country Stamps and Banknotes (http://www.dcstamps.com/)

Borek, Briefmarken Altdeutsche Staaten (https://www.borek.de/briefmarkenwelt/philatelie/briefmarken-altdeutsche-staaten)

Brockhaus in fünf Bänden, 10.A. 2004

Gerlach Hans-Henning, Weltatlas zur Philatelie, 1980

Jim, Big Blue 1840-1940 (http://bigblue1840-1940.blogspot.com/)

Kinder Hermann / Hilgemann Werner, Dtv-Atlas zur Weltgeschichte, 17. A., 1981

Michel Katalog («Mi»)

Munk Herbert, Kohl-Briefmarken-Handbuch, 11. Auflage, 1926-1936 («Munk»)

Ozdoba Christoph, www.klassische-philatelie.ch (“Ozdoba”)

Der Artikel (inklusive englische Übersetzung) erschien zuerst auf meiner privaten Webseite und ist hier abrufbar.

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