Correios de Cabo Verde – immer für eine Überraschung gut (Artikel von Dr. Hans-Ulrich Stauffer, SPhV Basel)

by Adrian Schaub
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Die Postverwaltung von Kapverde überrascht – erfreulicherweise positiv! Nicht nur, weil sie eine äussert zurückhaltende Ausgebpolitik verfolgt und in den letzten Jahren nur ganz wenige Briefmarken herausgegeben hat. Dies etwa im Unterschied zur Postverwaltung im lusophonen Schwesterstaat Angola, der die Neuheitenproduktion an die litauische Firma Stamperija übertragen, welche unabhängig von einem realen Bedarf Neuheiten auf den Markt wir, die kaum jemanden mehr interessieren. Oder Guinea-Bissau, der Kleinstaat, der leider aufgrund seiner Funktion als Drehscheibe im Narcotraffic und der laufenden Staatsstreiche zu den gescheiterten Staaten zu zählen ist und philatelistisch schon seit Jahrzehnten als Raubritterstaat zu qualifizieren ist. Ganz zu schweigen von Mozambique, welches auf Ende 2021 das Postwesen überhaupt eingestellt hat.

Was zeichnet den Correios de Cabo Verde positiv aus? Schon nur, dass die Post tatsächlich funktioniert, ist eine Mitteilung wert. Unlängst ist sie vom Weltpostverein ausgezeichnet worden für die hohe Qualität der Online-Kundendiensts. Auch die Beteiligung am Express Mail Service (EMS) findet Beachtung. Der EMS-Dienst stellt den schnellsten physischen Postdienst dar und wird derzeit von mehr als 170 Postverwaltungen der Mitgliedsländer und -gebiete des Weltpostvereins (WPV) angeboten. Der Verwaltungsratspräsident der kapverdischen Postverwaltung, Isidoro Gomes, meint dazu: «Er gilt als wesentliches Element des Postangebots, das die traditionelle Palette der Brief- und Paketdienste vervollständigt. Der Dienst besteht in der Sammlung, Übermittlung und Verteilung von Korrespondenz, Dokumenten oder Waren innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums». Isidoro Gomes betonte, dass die Post, obwohl sie das älteste Unternehmen des Landes ist, sich modernisiert, dynamischer wird, sich digitalisiert und den Nutzern ein moderneres, attraktiveres und rentableres Unternehmen zur Verfügung stellt, mit renovierten Geschäftsräumen, Fahrzeugen und modernen Dienstleistungen, die dem digitalen Zeitalter entsprechen.

Dass Correios de Cabo Verde in die Infrastruktur investiert, zeigt sich in Sal Rei, dem Hauptort der Insel Boa Vista. Dort ist im August 2022 ein neues Postgebäude eingeweiht worden. Das alte, etwas ausserhalb gelegene Postamt wurde geschlossen und dient heute als Verwaltungsgebäude. Das neue Postamt liegt nun zentral hinter der Stadtverwaltung. Für die üblichen Postgeschäften stehen nebst einer kleinen Auswahl von Briefmarken auch Postkarten, Aerogramme «Correios Azul» in unterschiedlichen Grössen und Verpackungsmaterial für Päckchen zur Verfügung. Es werden aber gefällig präsentierte Jahreskollektionen der erschienenen Ausgaben angeboten, und das auf Jahre zurück.

Interessanterweise werden auch einige Bücher zur kapverdischen Geschichte oder von kapverdischen Autoinnen und Autoren angeboten. Aus den vorrätigen Büchern sticht die soeben erschienene Publikation «A Cultura das Ilhas nos Selos Postais de Cabo Verde» (Die Kultur der Inseln auf den Briefmarken Kapverdes) hervor. Diese Publikation geht auf eine Ausstellung des Instituts des Nationalarchivs von Kapverde zurück.

Eine erste Überraschung bietet das Gleitwort des Ministers für Kultur und Kreativwirtschaft, Abrão Vicente. Er führt aus, wie er als kleiner Junge Briefmarken sammelte, bei Verwandten und Freunden um Umschläge und Postkarten bettelte und so eine Sammlung aufbaute. Das Hobby teilte er mit Kollegen. Er schildert, wie er dadurch die grosse weite Welt kennengelernt hat, im abgeschiedenen kleinen Kapverde! 

Inhaltlich ist das Buch in die Themenkreise Kunsthandwerk, Musik, Poeten und Komponisten, traditionelle Feste, Tänze, Erzählungen, traditionelle Gerichte, Architektur, Religion, Malerei und Filmaschaffen gegliedert. Der Bogen ist also weit gespannt. Jedes Thema wird mit Briefmarkenausgaben illustriert, zu denen jeweils inhaltliche Erklärungen und die technischen Details angegeben werden (Grafiker, Drucker, Auflage etc.).

Als Beispiel kann auf die am 16. November 2016 erschienene Ausgabe «Cesaria Evora e le Bataclan» verwiesen werden. Dieser Block mit einem Nennwert von 150 Escudos (1.50 €) erschien unmittelbar nach dem Terroranschlag auf den Pariser Konzertsaal Bataclan, in welchem die Cesaria Evora verschiedentlich aufgetreten ist. Evora war bis zu ihrem Tod (2011) die Stimme der Kapverden und sang sich weltweit in die Herzen der Menschen. Der Block mit einer Abbildung der Sängerin, des Bataclan-Gebäudes und einer Eintrittskarte zu einem Konzern von Cesaria aus dem Jahr 1995 ist in einer Auflage von 20’000 Exemplaren herausgegeben worden.

Als weiteres Beispiel kann auf die Gemeinschaftsausgabe mit Portugal zum 50-jährigen Bestehen der Kapverdischen Vereins in Portugal verwiesen werden, auf welcher der Schriftsteller Eugénio Tavares abgebildet ist, der auf der kapverdischen Blumensiel Brava lebte, der abgeschiedensten Insel des Archipels, die auch heute nur mit einem alle paar Tage fahrenden Fährschiff erreichbar ist. Die Ausgabe erschien am 10. Februar 2021 in einer Auflage von 15’000 Exemplaren.

Nostalgische Gefühle machen sich breit, wenn die 1991 erschienene Ausgabe «Musikinstrumente» dargestellt wird, eine Serie mit 4 Werten und einem Block. Nicht so sehr der Inhalt berührt, vielmehr der Drucker. Die Ausgabe wurde – wie im Übrigen auch andere kapverdischen Ausgaben, in der schweizerischen Qualitätsdruckerei Courvoisier in La Chaux-de-Fonds hergestellt. Abgebildet werden Gitarre, Violine, Viola und Cimboa, vier Musikinstrumente, die in der kapverdischen Musik gespielt werden und die sogar in Werkstädten in Mindelo hergestellt werden. Bemerkenswert ist, das die Cimboa ausschliesslich auf Kapverde hergestellt und gespielt wird. Sie ist ein gebogenes Chordophon mit einem langen Hals und einer Kokosnussschale als Resonanzkörper. Mit den vier Werten ist auch ein Block erschienen, er eine typische kapverdische Musikgruppe zeigt (4 Werte je mit Auflage 50’000).

Die Publikation ist durch ein Zusammenwirken des Kulturministeriums, des Nationalarchiv, der Correios des Cabo Verde und der Universität Kapverde entstanden. Die Zusammenstellung besorgte die Kuratorin der damaligen Ausstellung, Ana Mafalda Gomes Furtado Moreira. Die Buchauflage beträgt 300 Exemplare; der Verkaufspreis auf Kapverde ist 1700 Escudos (17 €).

Fussnote:

Der Verfasser Hans-Ulrich Stauffer war von 1990 bis 2020 Honorarkonsul der Republik Kapverde in der Schweiz. Er besucht öfters Kapverde und dabei insbesondere die Insel Boavista. Philatelistisch ist er allerdings in einem anderen Gebiet unterwegs (Thurn & Taxis), doch hat er auch eine komplette Sammlung aller erschienenen Ausgaben Kapverdes, vielfach auch auf postalisch gelaufenen Belegen. Kontakt: hu.stauffer@bluewin.ch.

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